Wesentliche Maßnahmen
Die Regierungskoalition hat am 03.06.2020 in einem Konjunkturpaket verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie beschlossen. Am 10.06. und am 12.06.2020 soll es Kabinettssitzungen zur Umsetzung des Konjunkturpakets geben. Nachfolgend haben wir einige bedeutsame Punkte zusammengefasst.
1. Senkung der Umsatzsteuer für 6 Monate
Die Umsatzsteuersätze werden befristet vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 von 19% auf 16% (Regelsteuersatz) und von 7% auf 5% (ermäßigter Steuersatz) gesenkt.
Für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen bedeutet dies, dass für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 der ermäßigte Steuersatz von 5% gilt. Vom 01.01.2021 bis 30.06.2021 erhöht sich der ermäßigte Steuersatz, der dann wieder 7% beträgt.
Dabei ist nicht relevant, ob der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) oder nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) besteuert. Für die zutreffende Anwendung des Steuersatzes ist maßgeblich, wann die Leistung ausgeführt worden ist. Wenn die Leistung bis zum 30.06.2020 erbracht wurde, unterliegt sie dem bisherigen Steuersatz von 19% bzw. 7%. Wenn die Leistung nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 erbracht wurde, unterliegt sie dem geänderten Steuersatz von 16% bzw. 5%.
Anzahlungen, die vor dem 01.07.2020 vereinnahmt werden, die Leistung jedoch in der Zeit vom 01.07.-31.12.2020 erbracht werden, unterliegen hinsichtlich des gesamtes Entgeltes der verminderten Steuer. Dies ist entsprechend in der Schlussrechnung zu berücksichtigen.
Auswirkungen ergeben sich insbesondere auch für Jahresleistungen (Lizenzen, Mitgliedsbeiträge, Zeitschriften-Abos etc.). Da diese Leistungen mit Ablauf des vereinbarten Leistungszeitraums (31.12.2020) als erbracht gelten, ist davon auszugehen, dass der verminderte Steuersatz gilt.
Bei Dauerleistungen (z.B. Miet- und Leasingverträge) ist zu prüfen, ob Anpassungen vorzunehmen sind, wenn die Verträge als Rechnungen fungieren. Alternativ sind entsprechende Dauerrechnungen anzupassen.
Handelt es sich um Teilleistungen (z.B. im Baugewerbe vereinbarte selbständige Teilleistungen oder auch Jahresboni) ist die Leistung entsprechend des Leistungserbringungszeitpunktes aufzuteilen.
Die Änderung der Umsatzsteuersätze erfordert die Umstellung sämtlicher Kassensysteme auf die neuen Steuersätze und es werden kurzfristig neue Steuerkennzeichen benötigt. Dies ist entsprechend auch in der Finanzbuchhaltung zu berücksichtigen.
Ein besonderes Augenmerk gilt auch der Rechnungseingangsprüfung, denn es ist sicherzustellen, dass die Rechnungen den korrekten Steuersatz ausweisen, da ansonsten das Risiko droht, dass der Vorsteuerabzug versagt wird.
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Weitere Sonderregelungen
Auch in weiteren Sonderfällen müssen umsatzsteuerrechtliche Besonderheiten beachtet werden, zu denen die Finanzverwaltung bei früheren Steuersatzänderungen Stellung genommen hatte:
- Erstattung von Pfandbeträgen: Die Rücknahme von Leergut stellt eine Entgeltsminderung dar. Grundsätzlich müsste die Erstattung dem ursprünglichen Umsatz zugerechnet werden (praktisch unmöglich). Aus Vereinfachungsgründen hat die Finanzverwaltung es früher zugelassen, bei der Erstattung von Pfandbeträgen innerhalb eines Zeitraums von 3 Monaten nach Inkrafttreten der Steuersatzänderung, die Umsatzsteuer noch mit dem „alten“ Steuersatz zu korrigieren.
- Klarstellend sei auf Entgeltsänderungen durch Jahresboni o. ä. hinzuweisen: Jahresrückvergütungen, Jahresboni etc. sind jeweils dem Zeitraum und damit dem Steuersatz zuzurechnen, der für den zugrundeliegenden Umsatz maßgeblich war. Für jahresübergreifende Vergütungen wurde es von der Finanzverwaltung in der Vergangenheit nicht beanstandet, dass die Entgeltsminderung im Verhältnis der steuerpflichtigen Umsätze der einzelnen Jahreszeiträume aufgeteilt wird.
- Telekommunikationsleistungen: Es handelt sich um Dauerleistungen. Geht der jeweils vereinbarte Abrechnungszeitraum über den jeweiligen Stichtag (01.07.2020 / 31.12.2020) hinaus, wird es nicht zu beanstanden sein, wenn ein einmaliger zusätzlicher Abrechnungszeitraum eingerichtet wird, der am jeweiligen Stichtag endet.
- Strom-, Gas- und Wärmelieferungen: Soweit der Ablesezeitraum nach dem jeweiligen Stichtag endet, wurde es bisher von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn die Leistung in eine vor und eine nach dem jeweiligen Stichtag ausgeführte Leistung aufgeteilt wird, soweit die Liefer- und Vertragsbedingungen dem nicht entgegenstehen. Die Aufteilung hat danach zeitanteilig zu erfolgen. Gegebenenfalls muss eine Gewichtung erfolgen (z. B. bei Wärmelieferung eine thermische Gewichtung).
- Personenbeförderungen mit Taxen und im Mietwagenverkehr: Taxi- und Mietwagenunternehmen, die Umsätze aus der Nachtschicht zu den Änderungsstichtagen realisieren, konnten nach der bisher von der Finanzverwaltung vertretenen Vereinfachungsregelung die Umsatzsteuer mit dem Steuersatz des Vortags berechnen soweit keine Rechnungen zu einem anderen Steuersatz ausgestellt werden.
- Besteuerung von Leistungen in Gaststätten: Aus Vereinfachungsgründen konnten bei früheren Steuersatzänderungen alle Umsätze aus Bewirtungsleistungen in der Nacht der Steuersatzänderung mit dem jeweils „alten“ Steuersatz besteuert werden. Dies galt aber nicht für Beherbergungsumsätze; hier ist die Leistung erst nach der Übernachtung abgeschlossen. Bei Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen ist darüber hinaus zu beachten, dass die Absenkung auf den ermäßigten Steuersatz dann zum 01.07.2021 auslaufen soll.
- Umtausch: Beim Umtausch eines Gegenstands wird die ursprüngliche Lieferung rückgängig gemacht. An ihre Stelle tritt eine neue Lieferung. Wird ein vor dem Änderungsstichtag gelieferter Gegenstand nach diesem Stichtag umgetauscht, ist auf die Lieferung des Ersatzgegenstands der zu diesem Zeitpunkt maßgebliche Steuersatz anzuwenden.
2. Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer
Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird auf den 26. des Folgemonats verschoben. So soll den Unternehmen mehr Liquidität gegeben werden.
3. Steuerlicher Verlustrücktrag
Für die Jahre 2020 und 2021 wird der steuerliche Verlustrücktrag auf bis zu 5 Mio. Euro bzw. 10 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung erweitert. Durch Einführung eines Mechanismus kann der Rücktrag schon in der Steuererklärung 2019 genutzt werden, beispielsweise durch Bildung einer steuerlichen Corona-Rücklage. Spätestens bis Ende 2022 soll die Auflösung der Rücklage erfolgen.
4. Degressive Abschreibung
Es wird eine degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 im Gegensatz zur derzeit geltenden AfA und maximal 25% pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020 und 2021 eingeführt.
5. Optionsmodell zur Körperschaftssteuer
Das Körperschaftssteuerrecht wird modernisiert. Dies soll durch ein Optionsmodell zur Körperschaftssteuer für Personengesellschaften und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags geschehen.
6. Kurzarbeitergeld
Im September soll unter Einbezug der Lage der Pandemie eine verlässliche Regelung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ab dem 01.01.2021 vorgelegt werden.
7. Änderungen in der Gewerbesteuer
Für die vorhandenen Hinzurechnungstatbestände wird bei der Gewerbesteuer ein Freibetrag von 100.000 auf 200.000 Euro erhöht.
8. Kinderbonus
Ein Kinderbonus von 300 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind wird einmalig ausgezahlt. Da der Bonus mit dem Kinderfreibetrag verrechnet wird, soll er besonders von den Einschränkungen betroffene Familien finanziell unterstützen. Auf die Grundsicherung wird er nicht angerechnet.
9. Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende
Auf 2 Jahre befristet wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 erhöht. Derzeit liegt er bei 1.908 Euro (§ 24b II EStG).
10. Auszubildende
Wenn kleine und mittlere Unternehmen ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den Vorjahren nicht reduzieren, erhalten sie einmalig eine Prämie von 2.000 Euro für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag, die nach Ende der Probezeit ausgezahlt wird. Wenn Unternehmen das Angebot erhöhen, erhalten sie 3.000 Euro für die zusätzlichen Ausbildungsverträge. KMU können eine Förderung erhalten, wenn sie Auszubildende und Ausbilder nicht in Kurzarbeit bringen, sondern die Ausbildungsaktivität trotz der Belastungen durch die Corona-Pandemie fortsetzen. Für Betriebe, die zusätzlich Auszubildende aus einem insolventen Ausbildungsbetrieb übernehmen, soll es eine Übernahmeprämie geben.
11. Steuerliche Forschungszulage
Rückwirkend vom 01.01.2020 und befristet bis zum 31.12.2025 wird der Fördersatz der steuerlichen Forschungszulage auf eine Bemessungsgrundlage von bis zu 4 Mio. Euro pro Unternehmen gewährt.
12. Mobilität
Die Kfz-Steuer für Pkw soll sich stärker nach CO2-Emissionen richten. Die Bemessungsgrundlage für Neuzulassungen wird zum 01.01.2021 weitgehend auf die CO2-Emissionen pro km bezogen und oberhalb 95g CO2/km in Stufen angehoben. Die bereits geltende Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge wird bis zum 31.12.2025 gewährt und bis zum 31.12.2030 verlängert.
Die bestehende Umweltprämie zum Austausch des Kfz-Fahrzeugbestandes durch klima- und umweltfreundlichere Elektrofahrzeuge wird als neue Innovationsprämie verdoppelt. Beispielsweise erhöht sich bei einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 Euro. Die Maßnahme ist bis zum 31.12.2021 befristet. Bei der Besteuerung von reinelektrischen Dienstwagen von 0,25%wird die Kaufpreisgrenze von 40.000 Euro auf 60.000 Euro angehoben.
13. Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter
Zur Digitalisierung der Wirtschaft soll es erweiterte Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter, einen Aufbau einer souveränen Infrastruktur sowie ein Förderprogramm zur Unterstützung des Auf- und Ausbau von Plattformen und der Befähigung von KMUs zur beschleunigten digitalen Transformation geben.